Inklusion gilt zwar seit Jahren als Handlungsmaßstab und löste tradierte Fürsorgeparadigmen ab, trotzdem sind in Theorie und Praxis Unsicherheiten in Zusammenhang mit dem Wandel von Haltung, Motivation und Menschenbild zu beobachten. „Wir sind an das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven herangegangen: Welche historischen Entwicklungslinien liegen der Inklusion zugrunde? Was sind aktuelle und zukünftige Herausforderungen für Inklusion als gesamtgesellschaftliches Thema? Was bedeutet Inklusion für die Transformationsprozesse von Organisationen? “, erklärt Professorin Dr. Anika Christina Albert als stellvertretende Institutsdirektorin des IDWM.
Gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter Damian Ostermann M.A. und Professorin Dr. Ulrike Witten von der Abteilung Theologie der Universität Bielefeld hat sie die Tagung inhaltlich vorbereitet. Somit ist das diesjährige Forum Diakoniewissenschaft auch ein Symbol des Zusammenwachsens des Instituts mit der Uni Bielefeld. „Wir konnten uns bei diesem Thema inhaltlich sehr gut ergänzen und das Paradigma Inklusion unter diakoniewissenschaftlichen und religionspädagogischen Aspekten untersuchen“, resümiert Witten den Vorbereitungsprozess des Forums, dem bereits am Vortag ein Studientag mit interdisziplinären Außenperspektiven vorausging.
Das IDWM organisiert jährlich im Herbst das Forum Diakoniewissenschaft - nach zwei Jahren als digitale Konferenz - jetzt wieder in Präsenz und zum ersten Mal als Institut der Universität Bielefeld. Bei den digitalen Konferenzen fehlte vor allem der vernetzende kollegiale Austausch. Jetzt kamen wieder wissenschaftlich Forschende sowie Führungskräfte aus Diakonie und Kirche aus vielen verschiedenen Bundesländern für einen Tag nach Bielefeld, um vor Ort miteinander zu diskutieren – insgesamt mehr als 80 Fachleute.
Professor Dr. Andreas Lob-Hüdepohl von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen empfahl in seinem diakonieethischen Vortrag, sich vermehrt auf die Zukunftsfragen rund um gesellschaftliche Transformationsprozesse einzulassen und die Gottesfrage wachzuhalten.
Organisationsforscher Professor Dr. Marcel Schütz von der Northern Business School in Hamburg befasste sich mit organisationalen Reformen. „Veränderungen können auch als Sinnbildungsprozess verstanden werden“, sagte er und warnte: „Viele Organisationsreformen scheitern an Abstoßungseffekten, wenn man nicht die Interessen der verschiedenen Player bedenkt und deren Einbindung vernachlässigt.“ Demnach sei eine Organisationsreform ein Prozess der kommunikativen Plausibilisierung und Sinnstiftung.
Professorin Dr. Barbara Städtler-Mach von der Evangelischen Hochschule Nürnberg beschrieb Paradigmen konfessioneller sozialer Dienstleistungsarbeit im Wandel. „Das Grundverständnis von Diakonie muss regelmäßig reflektiert werden. Die Initiative dazu liegt bei den diakonischen Organisationen. “ Auch sie betonte, dass an dieser Reflektion alle Akteure und Akteurinnen beteiligt sein müssten.
Im abschießenden Tagungskommentar gab Martina Abendroth von der Amalie Sieveking Gesellschaft in Duisburg zu bedenken, dass Inklusion als generell richtige und wichtige Idee dort an Grenzen komme, wo Exklusionsprozesse unumgänglich oder die Reaktion auf Wünsche der Betroffenen seien. Abendroth schloss mit dem Appell: „Die Diakonie muss das Thema weiter voranbringen.“
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